Züchter, Tierschützer und die Grauzonen dazwischen: Ein Plädoyer für differenziertes Denken

 

Ich habe unter einem Video kommentiert, dass ich es falsch finde, Züchter von Hunden generell zu verurteilen und dass es auch unter Tierschutzvereinen Schwarze Schafe gibt, die den Tieren nicht helfen, sondern sich bereichern wollen. Darauf bekam ich die Antwort: „Müttern ihre Babys nach der Geburt wegzunehmen und zu verkaufen, ist nie cool!“ Dazu habe ich eine kleine Antwort verfasst, die für die Kommentarspalte viel zu lang ist und deshalb hier als Blogeintrag veröffentlicht wird.

Das Entführen von Tieren aus ihrer natürlichen Umgebung ist nicht in Ordnung und deshalb darf man keine Straßenhunde aufnehmen! Das ist natürlich nicht meine Meinung, aber es ist eine genauso populistische Aussage wie euer Kommentar. Welpen werden bei guten Züchtern nicht direkt nach der Geburt von der Mutter getrennt. Ihnen wird Zeit zur Entwöhnung gegeben, und sie werden erst dann abgegeben, wenn sie dafür bereit sind. Im Übrigen werden selbst bei schlechten Züchtern die Welpen nicht direkt nach der Geburt abgegeben, sondern bleiben zumindest so lange, bis sie keine Milch mehr benötigen. Es ist also etwas ganz anderes als bei Kühen beispielsweise. Zugegeben, die natürlichste Weise wäre wohl, mit 2 Jahren beim Erreichen der vollständigen Geschlechtsreife. Das wäre aber weder logistisch möglich, so lange beim Züchter zu bleiben, noch wäre es für die Hunde gut und fair. Die meisten Hündinnen wären sehr gestresst von einer derartigen Aufzucht, und es wäre gar nicht genug Zeit für jeden einzelnen Hund übrig, um ihn anständig auf sein Leben vorzubereiten. Dann würden die Hunde den Rest ihres Lebens darunter leiden.

Ein guter Züchter achtet darauf, dass seine Hunde gesund sind, gesundes Erbgut weitergeben und vor allem auch darauf, dass sie an das Leben in einem Haushalt angepasst sind. Er sorgt also dafür, dass es den Hunden und auch der Hundepopulation gut geht. Vermehrer und Züchter von Qualzuchten etc. schließe ich hier natürlich aus!

Zurück zu den Straßenhunden: Vorab, ich bin absolut für Tierschutz und auch für Auslandstierschutz sowie für das Adoptieren von Straßenhunden, die es brauchen. Es gibt aber auch hier schwarze Schafe. Die Population der Straßenhunde insgesamt verringert sich kaum durch das Vermitteln ins Ausland, sonst wäre das Problem schon längst viel kleiner. Kastration und medizinische Versorgung sind viel zielführender. Es gibt etliche Hunde, die gerettet werden müssen, weil sie krank sind, weil sie nicht da bleiben können, wo sie sind, weil sie dort nicht geduldet werden oder in Gefahr sind. Da macht ein Einfangen und Vermitteln Sinn. Es gibt aber genauso viele Hunde, die mit ihrem Leben auf der Straße absolut glücklich sind. Es ist eine natürliche Lebensweise, die seit Generationen so in ihnen verankert ist; das ist ihr natürlicher Lebensraum mit ihrer sozialen Gruppe. Sie sind nicht mehr in Gefahr als jedes andere wilde Tier und würden sich in einer Stadtwohnung nicht wohlfühlen. Bei diesen Hunden macht ein Einfangen keinen Sinn.

Es gibt auch etliche Hunde, die nicht von der Straße kommen, sondern die extra für den angeblichen Tierschutz gezüchtet werden, wo die Verhältnisse ähnlich schlimm sind wie in Tierfarmen, und dann als angebliche Straßenhunde verkauft werden. Soweit ich informiert bin, ist Eure Organisation dafür, jedem Hund eine Couch zu bieten. Also seid ihr auch dagegen, Hunde einfach frei auf der Straße leben zu lassen.

Die Alternative ist, Hunde aussterben zu lassen, und das wird dem Hund nicht gerecht. Hunde leben seit fast der gesamten Menschheitsgeschichte mit uns zusammen, sie haben sich in Koevolution mit uns entwickelt und sind die einzigen Tiere, die von Natur aus schon ohne vorherige Lernerfahrung den Menschen als Sozialpartner bevorzugen. Sie jetzt abzuschieben wäre absolut unfair.

Ich bin absolut für Tierschutz, sowohl Tierheime als auch Auslandstierschutz! Ich bin für das Adoptieren von Hunden in Not! Ich bin gegen Tierleid! Ich bin pro Vegan! Ich bin dafür, dass sich jeder genau informieren sollte, wo sein Tier herkommt, bevor er es sich anschafft, und ich bin gegen das pauschalisierte Ablehnen von Züchtern. Es gibt Fehler auf beiden Seiten und es gibt Menschen, die sich auf beiden Seiten nur bereichern wollen. Es gibt aber auch auf beiden Seiten Menschen, die helfen wollen und das auch tun und gute Arbeit leisten. Eine so populistische und unreflektierte Aussage wie in eurem Kommentar zeigt nur, dass ihr euch nicht richtig mit dem Thema beschäftigt habt!

Ich möchte die Organisation hier nicht namentlich nennen. Es handelt sich um eine sehr große Organisation, die sich allgemein für Tierrechte einsetzt, was ich für sehr gut halte. Jeder hat sicher schon von ihnen gehört. Es gab aber auch schon viele Skandale um diese Organisation, und einige ihrer Einstellungen gehen sehr ins Extreme.